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Lindisfarne – Überfall durch die Wikinger

Sie vergossen Blut auf dem Altar, verwüsteten die Häuser und zertraten Reliquien wie Dreck … Schwer bewaffnet kamen die Wikinger über das Meer und fielen in das Inselkloster Lindisfarne an der Nordostküste von England ein. Was in den Beschreibungen der Historiker bereits bedrohlich klingt, muss für die christlichen Mönche wie ein Alptraum in der beschaulichen Region gewirkt haben. Und vielleicht ahnte bereits der eine oder andere, dass dieser schreckliche Angriff am 8. Juni 793 erst der Startschuss für die Wikingerfeldzüge war, die von da an nach Westeuropa vordrangen.

Schrecklicher Überraschungsangriff mit historischen Folgen

Die Menschen jener Zeit wussten durchaus von den weniger friedlichen Völkern jenseits der Insel. Handelsbeziehungen nach Skandinavien waren belegt und Missverständnisse bei der Kontaktaufnahme sorgten bereits zuvor für die Kenntnis von der Brutalität und Wildheit der Fremden. Doch als die Wikinger selbst auf die Insel kamen, war die Heftigkeit der Angriffe auf ein unverteidigtes Kloster für die Angelsachsen unbegreiflich. Chroniken bezeugen den Schock, der sich schnell bis in weite Teile der christlichen Welt, sogar bis nach Aachen, ausbreitete.

Historiker wie der Kölner Dominik Waßenhoven beschreiben jedoch, dass es durchaus keine “Wilden” waren, die als Wikinger große Bekanntheit in der Weltgeschichte erlangten. Die Überfälle galten als taktisch äußerst klug: Schon der Angriff auf Lindisfarne folgte einer innovativen Taktik, die grundlegend jedoch weniger auf Verwüstung, jedoch deutlich auf Beute ausgelegt war. Die Wikinger nutzten Langschiffe, mit denen sie die Entfernung zwischen ihrem Heimathafen und dem anvisierten Ziel vergleichsweise schnell überbrückten. Die besondere Form der Schiffe erlaubte auch das Eindringen in die Flüsse, jedoch ebenso den schnellen Rückzug.

Das Kloster Lindisfarne als wichtiges Zentrum der angelsächsischen Christen

Das Christentum hatte zu jener Zeit bereits in weiten Teilen Europas einen hohen Stellenwert. Das Kloster Lindisfarne galt als Zentrum der Angelsachsen, nachdem es im Jahr 635 durch den irischen Mönch Aidan gegründet und zum Wallfahrtsort des Heiligen Cuthbert geworden war. Das Kloster galt somit im nördlichsten der vier angelsächsischen Königreiche, Northumbria, kultureller und spiritueller Mittelpunkt. Umso schockierender war die Heftigkeit für die gottesfürchtigen Christen, mit welcher die Wikinger diese heilige, unbewehrte Stätte heimsuchten. Mönche wurden getötet, einige verschleppt, vertrieben oder sogar im Meer ertränkt. Die Beschreibungen in den angelsächsischen Chroniken dürften auch durch das furchteinflößende Auftreten und die rohe Gewalt der Angreifer dazu geführt haben, dass sich der Ruf der Wikinger schnell erhöhte und Angst verbreitete.

Doch der Angriff auf das Kloster Lindisfarne war nur der erste von vielen Überfällen, welche die Region durch die Wikinger in den folgenden zwei Jahrhunderten erlebte. Er gilt bis heute als der Beginn der Wikingerzeit. Immer häufiger und mit größeren Flotten wurde mit Nachdruck die Furcht vor diesem Volk von Kämpfern und Seefahrern gestärkt. Erst im Jahr 851 kam es zu einem, wenngleich für die Angelsachsen eher unerwünschten, Wandel: Die Angreifer beließen es nicht mehr nur bei Überfällen, sondern sie fielen vollständig in das Land ein.

Eroberung einer neuen Heimat – bis zum Sieg von Alfred von Wessex

Mit rund 350 Schiffen landeten die Wikinger an den Küsten und setzten sich fest. Statt wie zuvor nur in der Zeit vom Frühling bis in die späten Sommermonate durch ihre Krieger die Region zu plündern, brachten sie Frauen und Kinder mit in das neue Land, um hier zu überwintern. Das bedeutete jedoch nicht, dass die Raubzüge aufhörten. In den Folgejahren überrannten die Wikinger regelrecht drei der noch untereinander uneinigen angelsächsischen Königreiche. Erst König Alfred von Wessex konnte die Wikinger aufhalten, die bei der Schlacht bei Edington im Jahr 878 eine empfindliche Niederlage einstecken mussten.

König Alfred, später bekannt als Alfred der Große, trat die Nachfolge seines Vaters 871 an. Dieser hatte sich vergeblich zusammen mit seinem Bruder Ethelred die eingefallenen Wikinger von der Eroberung seines Königreiches Mercia abzuhalten. Ab 871 folgten die wichtigen Schlachten, bei denen Alfred den Wikingern keine Niederlage bot. Mit militärischer Präsenz und geschickter Heiratspolitik erweiterte er als König des letzten intakten Königreiches seine Stellung, bot den Wikingern die Stirn und schaffte es, das Land trotz immer wieder auftretenden Phasen mit Wikingerüberfällen zu vereinen, und so die Basis für das spätere vereinigte England zu legen.

Kloster Lindisfarne – historische Zeitzeugen aus Stein

Heute ist das Kloster Lindisfarne nur noch eine Ruine, die auf der gleichnamigen Insel vor der Nordküste Englands in den Gezeiten verwittert. Dennoch strahlt dieser Ort eine unglaubliche Atmosphäre aus, die durch den Verfall der Gebäude nicht gebrochen wird, sondern eher noch von ihr profitiert. Das ursprüngliche, angelsächsische Kloster war bekannt als Stätte des Glaubens, aber auch der christlichen Kunst und Gelehrsamkeit.

Der Einfall der Wikinger hatte jedoch seine Spuren hinterlassen, weshalb es im Jahr 875 von Bischof Eardulf aus Sorge vor neuen Überfällen aufgegeben wurde. Zwischen 1069 und 1090 kehrten die Mönche jedoch noch einmal zurück. Sie bauten am Ort des Klosters die Pfarrkirche St. Mary und bauten ein neues Kloster, das 1296 von Eduard I. zu einer Grenzfestung ausgebaut wurde. 1536 folgte die erneute Auflösung des Klosters Lindisfarne, dessen Überreste bis heute besucht werden können.