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Leder im Mittelalter: Gerbverfahren und Lederartikel

Die Menschheit verwendet seit Jahrtausenden Häute und Felle zur Herstellung von Kleidung und anderen Gegenständen. Tierhäute wurden als Nebenprodukt der Jagd vermutlich bereits in der Steinzeit verwendet und durch Räuchern oder Fette haltbarer gemacht. Auch im Mittelalter war Leder für die Menschen von großer Bedeutung.

Leder und Gerbereien im Mittelalter

Im Mittelalter wurden Tierhäute nicht nur zur Herstellung von Kleidung, sondern auch von diversen Gebrauchsgegenständen verwendet. Während des Mittelalters bezeichnete das Wort „Leder“ gegerbte Tierhäute im Allgemeinen, also sowohl das uns heute bekannte Leder, als auch gegerbtes Fell. Im Mittelalter waren die Gerbereien in ganz Europa von großer Bedeutung und existierten in großer Zahl. In der Nähe von Städten sowie Klöstern entstanden Lederwerkstätten, häufig in eigenen Stadtvierteln in Flussnähe oder am Rande der Stadt. Die Gerberei war ein schmutziges Gewerbe und stand im Ruf, ein unreines Handwerk zu sein. Gerber waren bei der Arbeit dem Risiko ausgesetzt, sich durch verunreinigte Tierhäute mit Krankheiten wie dem Milzbrand zu infizieren. Ab dem 14. Jahrhundert wurden die Lederherstellung und die Lederverarbeitung voneinander getrennt, da das Zunftwesen die Gerberei ab diesem Zeitpunkt regulierte. In der Folge entstanden spezialisierte Berufe – beispielsweise der des Weißgerbers, des Rotgebers, des Sämischgerbers und des Pelzzurichters. Bestimmte Regionen Deutschlands waren während des Mittelalters häufig auf spezielle Lederarten spezialisiert. So wurde beispielsweise Leder für Schuhsohlen im Norden Deutschlands produziert, farbiges Leder in Offenbach und Lackleder in Worms und Mainz.

Der Gerbprozess

Unter Gerben versteht man die Verarbeitung von Tierhäuten zu Leder. Dieser Arbeitsprozess führt zur Erhöhung der Resistenz gegen Wasser und Fäulnis. Hierzu werden bis heute Gerbstoffe eingesetzt, die die Eiweißfasern der Haut in Lederfasern umwandeln. Dadurch wird das Hautgefüge stabilisiert und es entsteht strapazierfähiges, haltbares Leder. Gegerbtes Leder ist gegen die Selbstzersetzung durch Mikroorganismen geschützt und hat eine höhere Beständigkeit gegen Wasser und Hitze. Die Tierhaut wird durch das Gerben dehnbar und fest zugleich – je höher die Qualität der jeweiligen Haut, desto besser das Ergebnis nach der Gerbung. Die Gerbverfahren, die heutzutage angewandt werden, haben eine lange Geschichte und gehen bis ins Mittelalter zurück. Bis heute ist das Gerben die gängige Methode, Tierhäute und -Felle zu konservieren und für den Gebrauch aufzubereiten. Heute wird, wie im Mittelalter, zwischen verschiedenen Gerbverfahren unterschieden: beispielsweise der Vegetabilgerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen, der Loh- oder Rotgerbung, der Alaun- oder Weißgerbung, der Sämischgerbung, der Chromgerbung sowie verschiedenen Kombigerbungen, die verschiedene Methoden vereinen.

Das Gerbverfahren im Mittelalter

Das Gerbverfahren im Mittelalter war ein aufwendiger, mehrstufiger Arbeitsprozess. Nach der Häutung des Tieres wurden die Häute beschnitten und diejenigen Teile aussortiert, die zur Herstellung von Leder nicht geeignet waren. Die Häute wurden anschließend entweder in Salz konserviert, getrocknet oder sofort weiterverarbeitet. Es wurden zunächst alle störenden Bestandteile der Haut entfernt – beispielsweise Haare, Fett und Unterhautbindegewebe. Anschließend wurden die Häute zur Reinigung in Wasser eingelegt, wo sie ihren ursprünglichen Wassergehalt zurückerhielten. Dieser Arbeitsschritt wurde als Weiche bezeichnet. Anschließend wurde die Haut für einige Stunden bis Tage in den sogenannten Äscher gelegt, um das Fasergefüge mithilfe von Kalkmilch aufzulockern und die behaarte Oberhaut zu entfernen. Die Haut, die nach diesem Arbeitsschritt geweicht und enthaart war, wurde als Blöße bezeichnet. In einem anschließenden Arbeitsschritt wurde die Haut auf dem Gerberbaum entfleischt. Durch mechanische Arbeit wurden alle Reste organischen Gewebes, die noch an ihr hafteten, entfernt. Anschließend blieb nur die Lederhaut übrig, die nun fertig für das eigentliche Gerbverfahren war.

Die beim Arbeitsprozess entstandenen Abfallstoffe wurden zu Gelatine oder zu Hautleim weiterverarbeitet. Die Lederhaut wurde nun in den Entkalker gegeben, wo die Kalkmilch entfernt wurde, um den natürlichen pH-Wert der Haut wiederherzustellen. Dieser Arbeitsschritt war Voraussetzung dafür, dass die Gerbstoffe im kommenden Arbeitsschritt gut in die Haut eindringen konnten. Es existierte eine große Zahl verschiedener Gerbstoffe, die verschiedene Gerbverfahren erforderten. Bei der Fettgerbung, auch Sämischgerbung genannt, wurden beispielsweise gerbende Öle wie Hirnmasse oder Trane von Hand in die Häute eingearbeitet. Das mit dem Öl bearbeitete Leder musste anschließend Trocknen, danach ausgewaschen werden, erneut trocknen und anschließend durch Walken geschmeidig gemacht werden. Bei der Lohgerbung, der Rotgerbung und der pflanzlichen Gerbung wurden beispielsweise Rindengerbstoffe, Kastanien- und Eichenholz verwendet, um eine Gerberlohe herzustellen. Vor der Gerbung wurden die Bestandteile in einer Lohmühle gemahlen und mit Wasser ausgelaugt, bevor die Häute damit bearbeitet wurden. In der sogenannten Gerbergrube wurde die Tierhaut teils mehrere Wochen bis Monate in der Gerbbrühe gegerbt. Die Gerbbrühe hatte teils einen hohen Säuregehalt und verbreitete einen unangenehmen Geruch sowie ungesunde Gase.

Lederartikel im Mittelalter

Das gegerbte Leder wurde im Mittelalter meist zu Kleidung weiterverarbeitet und spielte eine große Rolle im Alltag der Menschen. Zusätzlich wurde das Leder häufig zu Schuhe oder Taschen, aber auch zu Gebrauchsgegenständen wie Sätteln und Riemen, Bucheinbänden, Messerschneiden und Griffbändern, Trommelfellen oder Rüstungsteilen verarbeitet. Aus den gegerbten Tierhäuten entstanden teilweise Helme, aber auch Berufskleidung wie beispielsweise Lederschürzen für Schmiede. Nicht gegerbtes Leder wurde häufig zu Pergamentpapier verarbeitet. Tierhäute dienten während des Mittelalters aufgrund ihres hohen Wertes teilweise sogar als Zahlungsmittel – diese frühe Form des Geldes wurde als Fellgeld bezeichnet. Eine besondere Rolle spielten im Mittelalter Lederbeutel, da diese häufig auch zum Kochen verwendet wurden. In einen mit Wasser gefüllten Lederbeutel wurden erhitzte Steine sowie Lebensmittel wie Fleisch, Kräuter und Gemüse geworfen. Auf diese Weise entstand auf einfache und schnelle Weise eine Suppe im Lederbeutel. Lederprodukte wurden während des Mittelalters hauptsächlich örtlich oder regional hergestellt. Leder wurde besonders wegen seiner Festigkeit und Wetterbeständig geschätzt und stellte deshalb ein unverzichtbares Material zur Herstellung diverser Gegenstände dar, die für das Leben der Menschen unverzichtbar waren.

Häufige Fragen und Antworten

  1. Wie wurde Leder im Mittelalter hergestellt?
    Im Mittelalter war die Lederherstellung ein aufwendiger Prozess, der mehrere Schritte umfasste. Nach der Häutung wurden die Tierhäute von Fett und Unterhautgewebe befreit und in Salz konserviert oder getrocknet. Die Häute wurden dann in Wasser eingeweicht, um ihren Wassergehalt zu erhöhen. Nach dem Weichen wurden sie in Kalkmilch eingelegt, um Haare und die Oberhaut zu entfernen. Anschließend erfolgte das Entfleischen, bei dem verbleibende Gewebereste entfernt wurden. Danach wurden die Häute in verschiedenen Gerbstoffen wie Pflanzenextrakten oder Fetten gegerbt. Die Gerbverfahren umfassten die Vegetabilgerbung mit pflanzlichen Stoffen, die Lohgerbung und die Fettgerbung. Nach dem Gerben wurden die Häute gereinigt, getrocknet und mechanisch bearbeitet, um sie geschmeidig zu machen. Gegerbtes Leder war flexibel, widerstandsfähig und konnte zu Kleidung, Schuhen, Taschen und anderen Gebrauchsgegenständen verarbeitet werden.
  2. Welche Bedeutung hatte die Gerberei im Mittelalter?
    Im Mittelalter spielte die Gerberei eine wesentliche Rolle in der Gesellschaft und Wirtschaft. Die Verarbeitung von Tierhäuten zu Leder war ein komplexer, mehrstufiger Prozess, der handwerkliches Geschick erforderte. Leder wurde für eine Vielzahl von Produkten genutzt, darunter Kleidung, Schuhe, Taschen, Rüstungen und Gebrauchsgegenstände wie Sättel und Buchbindungen. Die Gerbereien waren oft in der Nähe von Flüssen angesiedelt, um den Wasserbedarf des Gerbprozesses zu decken. Obwohl das Gerberhandwerk als schmutzig und gesundheitsschädlich galt und die Gerber einem hohen Risiko ausgesetzt waren, genoss es eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Spezialisierte Berufe entstanden, beispielsweise der Weißgerber und der Rotgerber. Lederprodukte waren aufgrund ihrer Festigkeit und Wetterbeständigkeit unverzichtbar im täglichen Leben der Menschen im Mittelalter.
  3. Welche Gerbverfahren wurden im Mittelalter angewendet?
    Im Mittelalter wurden verschiedene Gerbverfahren angewendet, um Tierhäute in haltbares Leder zu verwandeln. Die bedeutendsten Methoden waren die Vegetabilgerbung, bei der pflanzliche Gerbstoffe wie Rinde, Blätter und Früchte verwendet wurden, und die Alaungerbung, bei der Alaun und Salze zum Einsatz kamen. Die Sämischgerbung benutzte Fette und Öle wie Fischtran oder Hirnmasse. Diese komplexen und oft langwierigen Verfahren wurden in spezialisierten Werkstätten durchgeführt und führten zur Herstellung von Leder für Schuhe, Kleidung, Bucheinbände und andere Gebrauchsgegenstände.
  4. Wie lief der Gerbprozess im Mittelalter ab?
    Im Mittelalter war der Gerbprozess ein aufwendiger, mehrstufiger Arbeitsablauf. Zunächst wurden Tierhäute gereinigt und von Haaren sowie Fett befreit. Dies geschah durch Einweichen, Kalkmilchbäder und mechanisches Schaben. Die so vorbereiteten Häute wurden anschließend verschiedenen Gerbstoffen wie pflanzlichen Tanninen, Alaun oder Fetten ausgesetzt. Diese Substanzen stabilisierten die Eiweißfasern der Haut, machten das Leder haltbarer und widerstandsfähiger gegen Wasser und Bakterien. Der Gerbprozess konnte je nach Methode und gewünschtem Endprodukt mehrere Wochen bis Monate dauern. Das gegerbte Leder wurde häufig für Kleidung, Schuhe, Taschen und andere Gebrauchsgegenstände verwendet.
  5. Wofür wurde Leder im Mittelalter verwendet?
    Im Mittelalter wurde Leder zur Herstellung von Kleidung, Accessoires und Schuhen verwendet. Soldaten, Arbeiter und Reisende trugen oft Lederkleidung wie Wämse, Mäntel und Stiefel. Leder war wegen seiner Haltbarkeit, Wasserbeständigkeit und dem Schutz vor den Elementen geschätzt. Es wurde auch für Gebrauchsgegenstände wie Sättel, Rüstungen, Taschen und Buchumschläge verwendet.
  6. Welche Rolle spielten Lederbeutel im mittelalterlichen Alltag?
    Lederbeutel waren im mittelalterlichen Alltag unverzichtbare Hilfsmittel. Sie dienten dazu, wichtige Gegenstände wie Münzen, Schlüssel und kleine Vorräte sicher zu transportieren. Besonders Reisende und Ritter nutzten Lederbeutel, um während ihrer Reisen wesentliche Dinge griffbereit zu haben. Neben ihrer Funktionalität hatten Lederbeutel auch eine gewisse Symbolkraft und spiegelten teilweise den sozialen Status ihrer Träger wider.
  7. Wie unterschieden sich die Gerbereien in verschiedenen Regionen Deutschlands?
    Im Mittelalter spezialisierten sich verschiedene Regionen Deutschlands auf bestimmte Lederarten und -produkte. So wurde beispielsweise im Norden Deutschlands Leder für Schuhsohlen hergestellt, während in Offenbach farbiges Leder produziert wurde. Lackleder wurde hauptsächlich in Worms und Mainz gefertigt. Diese regionale Spezialisierung spiegelte sich in den verschiedenen Techniken und Materialien wider, die je nach Region verwendet wurden, um den lokalen Anforderungen und Traditionen gerecht zu werden.
  8. Welche Risiken waren mit dem Beruf des Gerbers verbunden?
    Der Beruf des Gerbers war mit erheblichen Gesundheits- und Umweltgefahren verbunden. Zum einen waren Gerber häufig hohem Risiko durch Kontakt mit verunreinigten Tierhäuten und Chemikalien ausgesetzt, was zu Infektionen wie Milzbrand führen konnte. Zudem war die Arbeit in Gerbereien mit extrem unangenehmen Gerüchen verbunden, was diese Berufe an den Rand der Städte oder in Flussnähe verbannte. Die körperlich anstrengende Arbeit mit schweren Häuten und der ständige Kontakt mit toxischen Substanzen wie Kalkmilch und Gerbstoffen konnten langfristige gesundheitliche Probleme wie Atemwegserkrankungen und Hautprobleme verursachen.
  9. Wie hat sich die Lederverarbeitung seit dem Mittelalter verändert?
    Seit dem Mittelalter hat sich die Lederverarbeitung erheblich weiterentwickelt. Im Mittelalter wurden Tierhäute häufig in Salz konserviert und durch Pflanzenstoffe gegerbt. Dieser Prozess war zeitaufwendig und wurde manuell durchgeführt. Ab dem 14. Jahrhundert wurden spezialisierte Berufe in der Lederverarbeitung etabliert. Wichtige Gerbverfahren beinhalteten die Vegetabilgerbung mit Gerbstoffen aus Eichen- oder Kastanienholz sowie die Sämischgerbung, bei der Öl verwendet wurde. Im 20. Jahrhundert ermöglichte das Chromgerbverfahren eine schnellere und effizientere Lederproduktion, wodurch weiches und strapazierfähiges Leder entstand. Diese Innovation machte Lederprodukte für die Automobil-, Mode- und Luftfahrtindustrien attraktiver. Durch den technischen Fortschritt und neue Gerbmethoden hat sich die Lederverarbeitung zu einem modernen und vielseitigen Handwerk entwickelt.
  10. Welche Eigenschaften machten Leder zu einem so wertvollen Material im Mittelalter?
    Leder war im Mittelalter ein äußerst wertvolles Material aufgrund seiner Stärke, Haltbarkeit und Vielseitigkeit. Es wurde für eine Vielzahl von Gegenständen verwendet, darunter Schuhe, Gürtel, Sättel und Rüstungen. Besonders hervorzuheben ist seine Fähigkeit, Schutz und Flexibilität zu bieten, was es für Krieger auf dem Schlachtfeld unverzichtbar machte. Darüber hinaus konnte Leder durch verschiedene Gerbverfahren haltbarer und widerstandsfähiger gegen Wasser sowie Fäulnis gemacht werden. Diese Methoden, wie die Vegetabilgerbung oder die Sämischgerbung, machten Leder zu einem langlebigen und begehrten Rohstoff. Im Alltag diente Leder für Kleidung, Taschen und sogar als Zahlungsmittel. Seine breite Anwendung und die aufwendigen Herstellungsprozesse trugen maßgeblich zu seinem hohen Wert bei.

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