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Die Kunststile der Wikinger

Wenn Du Kunsthandwerk-Funde aus der Wikingerzeit sortierst, ist die Unterteilung in insgesamt sechs Kunststile der Wikinger sinnvoll. Im Frühmittelalter haben Greiftiermotive des Oseberg-Stils und des Borre-Stils dominiert. Danach setzten die Wikinger auf schmale Tierdarstellungen im Jelling-Stil und Pflanzenmuster im prunkvollen Mammen-Stil. Nach dem Ringerike-Stil entwickelte sich mit dem abschließenden Urnes-Stil im Mittelalter eine Vorliebe für Schlangenmotive.

Wikingerzeitliche Kunst

 

Das Kunsthandwerk der Wikinger hatte seine Wurzeln vor allem in der Germanischen Ornamentik. Die verarbeiteten Muster wirken kraftvoll und dynamisch, manchmal sogar verworren und ruhelos. Vor allem die Tierornamentik, also die stilisierte Darstellung von Tierkörpern, bildet einen Schwerpunkt skandinavischer Stilentwicklung.

Die Einteilung der wikingerzeitlichen Kunststile richtet sich daher ganz nach der Umsetzung dieser Ornamente. Wie wurden Tierfiguren dargestellt, welche Details wurden ausgearbeitet und von welchen Mustern wurden sie gesäumt? Jeder Kunststil setzt den Schwerpunkt auf andere stilistische Elemente. Dennoch sei gesagt, dass sich nicht jeder Fund exakt einem Stil zuordnen lässt. Ebenso wie in anderen Bereichen der Kunst, so gibt es auch hier Mischformen.

Begutachtet man die aktuelle Fundlage, so entsteht der Eindruck, als hätten sich die Wikinger eher der angewandten Kunst gewidmet. Sie verzierten Schmuckstücke, Grabsteine und dergleichen. Ihre Namen erhielten die Kunststile demnach nach den skandinavischen Fundorten jener Gegenstände, die für den jeweiligen Kunststil die wohl ausgeprägtesten stilistischen Merkmale aufweisen.

Bitte beachte: Wann ein Stil beginnt und endet, richtet sich nach aktueller Fundlage und stellt natürlich nur eine ungefähre Richtschnur dar. Der Zeitstrahl oben ist daher auch eher eine Annäherung und dient der groben Orientierung.

Oseberg-Stil der Wikinger mit Tierdarstellungen und Wechsel zum Greiftiermotiv

Der Oseberg-Stil der Wikinger war im Frühmittelalter ab dem Ende des 8. Jahrhunderts bis zum Zeitraum um 850 verbreitet. Damit ist er der chronologische erste der typisch wikingerzeitlichen Kunststile. In erster Linie prägten Tierdarstellungen in der Wikingerzeit diesen Kunststil, der auch als Broa-Stil bekannt geworden ist. Bei Funden des Oseberg-Stils handelte es sich oft um bandförmige und lange Tierfiguren, die ineinander verschlungen waren. Mit dem Greiftier stellten die Wikinger in der Stilrichtung im Mittelalter eine neue Figur dar.

Dieses Tier wurde durch den Oseberg-Stil im Frühmittelalter zunächst mit älteren Motiven kombiniert. Später dominierte das Greiftier in den Werken der wikingischen Kunsthandwerker im Verlauf der Zeit immer mehr. Die Leitfunde am Fundort Oseberg stammen aus einem Schiffsgrab am Meeresarm Oslofjord in Südnorwegen. Vor allem Schmuckstücke und Gebrauchsgegenstände mit Metall oder Holz waren bei der Anwendung dieses Kunststils in der Wikingerzeit beliebt.

Der Oseberg-Leitfund sorgte durch fünf Pfosten mit geschnitzten Tierköpfen für besondere Aufmerksamkeit. Diese Köpfe veranschaulichten die Entwicklung des Kunststils während des Verbreitungszeitraums im Mittelalter. Denn die jüngeren Tierkopfpfosten widmeten die Wikinger bereits vorwiegend dem Greiftiermotiv. Weitere Funde aus Broa umfassten unter anderem Tiermotive mit rankenartigen Auswüchsen und halbnaturalistische Vögel.

Borre-Stil mit weiterentwickelten Greiftiermotiven und Knotenornamenten im Frühmittelalter

Vom 9. bis zum 10. Jahrhundert hat der Borre-Stil die Wikinger-Kunst im Frühmittelalter insbesondere in östlichen Gebieten des Nordens geprägt. Neben Tierdarstellungen waren Knotenornamente entscheidende Merkmale dieses Kunststils. Die Greiftiermotive blieben mit dem Borre-Stil ein wichtiges Element des wikingischen Kunsthandwerks und rückten teilweise sogar noch mehr in den Vordergrund. Darum wurde die Stilphase auch als Greiftierstil bezeichnet. Der namensgebende Fundort Borre war ein Grab in der norwegischen Kommune Horten.

Durch den Borre-Stil veränderte sich in der Wikingerzeit die Gestaltung der Greiftiere. Gesichter mit einer geraden Blickrichtung, kugelige Augen und schlankere Gliedmaßen waren neue Merkmale der Mittelalter-Tiermotive. Zudem verfügten die Greiftiere über hochgestellte Ohren und dreieckige Köpfe mit plastischen Nasen. Funde im Gräberfeld von Borre zeichneten sich außerdem mit dichten und spiegelsymmetrischen Motiven aus. Es wurden beispielsweise Brezelknoten und Ringketten mit Flechtbändern gefunden.

Jelling-Stil mit schmalen Tierdarstellungen, pelzartigen Verzierungen und Leitmustern

Im Zeitraum zwischen dem Beginn des 10. Jahrhunderts und circa 975 verbreiteten die Kunsthandwerker der Wikinger im Frühmittelalter den Jelling-Stil. Der Leitfund kam aus einem Königsgrab am Fundort Jelling auf dem dänischen Festland. Bei diesem Mittelalter-Kunststil lag das Hauptaugenmerk ebenfalls auf Tiermotiven. Erkennungszeichen der Figuren des Jelling-Stils waren besonders langgestreckte und schmale Darstellungen. Bandförmige Windungen des Kunsthandwerks wirkten ziemlich gleichmäßig.

Pelzartige Verzierungen und Leitermuster machten die Werke der Wikinger im Vergleich zu vorigen Kunststilen deutlich unterscheidbar. Darüber hinaus ließen sich an den Tiernacken gewundene Zöpfe erkennen, während Beine der Tierdarstellungen im Jelling-Stil am Schenkel mit einer Spiralform eingerollt waren. Tierköpfe wurden mit einer Oberlippen-Wulst und geöffneten Mäulern präsentiert.

Die Kunsthandwerker der Wikingerzeit nutzten bei der Erstellung von dünnen und rankenartigen Verzierungen im Jelling-Stil oft ein Mittelband. Runenkreuze, Schmuckstücke und Gebrauchsgegenstände der Wikinger mit Holz oder Metall sind klassische Jelling-Fundstücke. Ein Silberbecher war im Königsgrab in Jelling ein berühmter Mittelalter-Fund. Zudem gab es beispielsweise Bronze-Funde wie eine Ovalfibel im norwegischen Fundort Morberg und eine zungenförmige Brosche aus Birka in Schweden.

Mammen-Stil mit Pflanzenmustern und kostbaren Materialien

Zwischen 950 und dem Beginn des 11. Jahrhunderts setzten die Kunsthandwerker der Wikinger im Frühmittelalter auf den Mammen-Stil, der große Ähnlichkeiten zum Jelling-Stil aufweist. Durch einen Fund im Kammergrab des dänischen Orts Mammen erhielt der Kunststil seinen Namen. Tiermotive standen mit dem Mammen-Stil in der Wikingerzeit nicht mehr alleine im Vordergrund. Denn die Wikinger nutzten mit diesem Mittelalter-Kunststil zum ersten Mal verstärkt Pflanzenmuster. Wikingische Darstellungen von Wein- und Akanthusranken entwickelten sich zu besonders beliebten Motiven.

Symmetrie spielte für den Mammen-Stil im Vergleich zu den vorigen Kunststilen der Wikingerzeit eine kleinere Rolle. Die Kunsthandwerker verzichteten zumeist auf ergänzende Hilfsmotive und verwendeten für Ihre Werke häufig die komplette Fläche, die an einem Gegenstand verfügbar war. Mit der asymmetrischen Linienführung des Mammen-Stils erstellten die Wikinger rankenartige und gewundene Auswüchse. Tierkörper von diesem Kunststil aus dem Frühmittelalter sind kompakter und umfassten größere Flächen mit unterschiedlichen Mustern als Füllung.

Für das Kunsthandwerk im Mammen-Stil wurden außergewöhnlich prunkvolle Horn-Schnitzarbeiten und Schmuckstücke sowie Walross-Elfenbein, Silber oder sonstige kostbare Materialien eingesetzt. Eine eiserne Axt mit Silber-Verzierungen aus dem Kammergrab-Fund von Mammen gilt als ein großes Highlight unter allen Wikinger-Fundstücken. Daher ist der Gegenstand sogar als sogenannte Mammenaxt bekannt geworden. Eine Replik davon seht ihr ein Stück weiter oben im Bild. Außerdem veranschaulichte der berühmte Reliquienschrein von Cammin den Mammen-Stil.

Ringerike-Stil mit Runensteinen und klaren Konturen zum Frühmittelalter-Ende

Vom Anfang bis in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts stellten die Wikinger-Kunsthandwerker zum Frühmittelalter-Ende ihre Werke im Ringerike-Stil her. Neben der Landschaft Ringerike verlieh der Ringerikesandstein dieser Stilrichtung aus der Wikingerzeit ihren Namen. Daraus wurden zahlreiche Runensteine im Ringerike-Stil erzeugt. Straffe, klare und naturalistische Konturen sind Hauptmerkmale von diesem Mittelalter-Stil.

Urnes-Stil mit feinlinigen Tierdarstellungen und besonders auffälligen Schlangenmotiven der Wikinger

Mit dem Urnes-Stil verbreitete sich im Hochmittelalter während des ungefähren Zeitraums zwischen 1075 und 1125 die letzte Kunststilrichtung der Wikingerzeit. Seinen Namen erhielt der Wikinger-Kunststil durch die Fundstücke aus der Stabkirche Urnes am Ostufer des Meerarms Lusterfjord. Vierbeinige und bandförmige Tiere sowie Schlangen waren beliebte Motive des Urnes-Stils.

Der Einfluss des Ringerike-Stils auf diesen Mittelalter-Stil der Wikinger war noch sehr groß. Feinlinige Tierdarstellungen waren im Urnes-Stil meistens ineinander verflochten. Eine bemerkenswerte Neuheit im Kunsthandwerk der Wikinger-Stilrichtung stellten geflügelte Drachen dar. Systeme mit ineinandergreifenden Schlaufen und offenen Achterschlaufen galten als entscheidendes Merkmal des Urnes-Stils. Füße und Köpfe der Figuren verfügen häufig über ein langschmales Ende.

Durch grazilere Tierdarstellungen hinterließ der Urnes-Stil in der Wikingerzeit ebenso wie mit spitzen Schlangen-Köpfen einen bleibenden Eindruck. Die Kombination von geschwungenen und graziösen Linien mit Schlangenmotiven wurde oft als Darstellung des Gegensatzes zwischen dem Guten und dem Bösen im Mittelalter interpretiert. Unter den Funden zum Urnes-Stil der Wikinger sind die Portalschnitzereien der Stabkirche Urnes mit ansprechenden Formen besonders bekannt geblieben.