Lanze oder Speer? Die Unterschiede im Einsatz vom Pferderücken aus
Lanzen und Speere waren im Mittelalter die bevorzugten Waffen der Kavallerie. Doch wie unterschieden sie sich im Einsatz und in der Wirkung? Eine faszinierende Untersuchung liefert Antworten.
Kernaussagen
- Lanzen und Speere unterscheiden sich in Gewicht und Einsatztechnik
- Speere wurden anfangs wie im Fußkampf eingesetzt, mit Stichtechniken
- Das Einlegen der Lanze unter den Arm erhöht die Wucht des Aufpralls enorm
- Mit der eingelegten Lanze ist nur ein einzelner Stoß möglich, mit dem Speer mehrere Stiche
Vom Fußkampf aufs Pferd: Die Anfänge der berittenen Lanze
In den Anfängen der Kavallerie wurden Speere noch ähnlich wie im Fußkampf eingesetzt. Die Reiter, die zuvor mit Speeren, Schwertern und Äxten zu Fuß gekämpft hatten, behielten ihre gewohnten Techniken bei, als sie aufs Pferd umstiegen. Sie stachen von oben herab auf ihre Ziele ein, wie Experimente mit einer ungefähr 1,80 Meter langen Nachbildung eines Speers aus dem Teppich von Bayeux zeigen.
Dabei kamen verschiedene Stichtechniken zum Einsatz: Horizontale Stiche, einhändige Speerstöße und Stiche über Kopf, wie sie auch in der Schildwand verwendet wurden. Je nach Ziel und Positionierung der Schilde variierten die Techniken. Stiche über den Schilden ermöglichten es, auf die Gesichter der Gegner zu zielen, erforderten aber auch größere Nähe zum Ziel.
Die Lanze wird zur Stoßwaffe
Eine bedeutende Neuerung war es, die Lanze unter den Arm einzulegen und fest mit dem Körper zu verbinden. Dadurch wirkten das Gewicht des Reiters und die Bewegung des Pferdes direkt auf die Waffe ein. Die Wucht des Aufpralls war um ein Vielfaches höher als bei einem geführten Speerstoß.
Allerdings ließ sich die fest eingelegte Lanze nicht mehr zum Stechen verwenden. Wurde sie gelockert und vorgehalten, ging der Effekt verloren. Die eingelegte Lanze war eine reine Stoßwaffe für einen einzelnen, verheerenden Treffer. Traf sie nicht oder zerbrach, musste der Reiter wenden und eine neue Lanze nehmen.
Speere blieben vielseitig
Mit dem Speer konnte der Reiter dagegen wiederholt zustechen, während er am Gegner vorbeigaloppierte. Auch in einem Getümmel aus Reitern und Fußkämpfern blieb der Speer eine flexible Waffe. Speere eigneten sich, um über die Schildwand hinweg die gegnerische Infanterie zu treffen und gemeinsam mit Pikenieren vorzugehen.
Lanzen entwickelten sich zu immer schwereren und längeren Waffen, um die Wucht zu erhöhen. Verschiedene Techniken wie Lanzenhalter kamen auf, um den Gebrauch zu erleichtern. Beim sportlichen Tjost wurde die Lanze auf der dem Gegner abgewandten Seite eingelegt, was den Aufprallwinkel entschärfte. Auf der zugewandten Seite war die Wirkung verheerender.
Fazit
Lanzen und Speere mögen auf den ersten Blick ähnlich aussehen, doch sie unterschieden sich deutlich in Handhabung und Wirkung. Während Speere vielseitig und für wiederholte Stöße geeignet blieben, entwickelten sich Lanzen zu hochspezialisierten Stoßwaffen für verheerende Einzeltreffer. Ihre Erfolgsgeschichte auf dem Schlachtfeld verdankten sie einer Kampftechnik, die perfekt auf den berittenen Einsatz abgestimmt war.